Willkommen zu einer weiteren Woche von „Sag mal, Duolingo“, der Ratgeber-Kolumne für Sprachenlernende. Frühere Ausgaben findest du hier.
Hallo Lernende! Ich bin Dr. Emilie Zuniga und ich übernehme diese Woche wieder die Ausgabe von Dear Duolingo! In meinem letzten Blogpost habe ich über unnötige Wörter (Artikel auf Englisch) geschrieben und diese Woche beantworte ich eine Frage, die in meinen Erfahrungsbereich als Linguistin und Hyperpolyglotte fällt.
Die Frage lautet:

Die kurze Antwort ist, dass es nicht nur eine Sprache gibt, die am schwierigsten zu lernen ist. Auch speziell auf Deutschsprachige bezogen gibt es keine eindeutig schwierigste Sprache.
Die Top 5 der schwierigsten Lernsprachen
Das liegt daran, dass die Schwierigkeit einer Sprache eher davon abhängt, welche Sprache(n) du bereits sprichst, als von objektiven Kriterien. Je stärker sich eine Sprache von deiner eigenen unterscheidet (zum Beispiel von Deutsch), desto schwieriger wird es für dich sein, sie zu lernen.
Die folgenden Faktoren spielen eine Rolle, wenn es darum geht, wie schwer eine Sprache zu lernen ist:
- Schriftsystem
- Lautinventar und Regeln zur Kombination von Lauten in Wörtern
- Grammatische Komplexität (z. B. Wortstellung, Kasussystem usw.)
- Wie verschieden die Kultur von der eigenen ist und inwieweit sie sich in der Grammatik widerspiegelt
Mit diesen Faktoren im Hinterkopf können wir mehrere Sprachen nennen, die große Chancen auf den Titel der schwierigsten Lernsprache haben.
Hier also, in zufälliger Reihenfolge, fünf der chancenreichsten Kandidaten auf den Titel!
Japanisch
Japanisch gehört zur japonischen Sprachfamilie und wird oft als isolierte Sprache betrachtet, da es nicht zu einer größeren Sprachfamilie wie zum Beispiel den romanischen Sprachen gehört. Tatsächlich ist es eng mit den Ryūkyū-Sprachen Okinawas verwandt, aber abgesehen davon stellt Japanisch eine ganz eigene Herausforderung dar.
Was Japanisch so schwer zu lernen macht
Die Schriftsysteme. Ja, du hast richtig gelesen – Systeme, im Plural! Das Japanische hat drei unterschiedliche Schriftsysteme (Artikel auf Englisch) und diese Systeme unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Zeichen, sondern sie erfassen auch Sprache auf unterschiedliche Weise. Wenn du eine Sprache kennst, die als Schriftsystem ein Alphabet wie z. B. das lateinische verwendet, können diese drei Systeme des Japanischen besonders herausfordernd sein: Zwei davon (Hiragana und Katakana) sind Silbenschriften und das dritte (Kanji) ist eine logografische Schrift. Jedes der Systeme hat eigene Zeichen und Besonderheiten.
Die Höchlichkeitsgrade. Alle Sprachen haben Möglichkeiten, sich mehr oder weniger höflich (Artikel auf Englisch) auszudrücken, aber Japanisch spielt da in einer ganz anderen Liga. Das Höflichkeitssystem (Artikel auf Englisch) dieser Sprache macht Unterschiede, die in vielen anderen Kulturen nicht existieren, und es ist so tief in die japanische Grammatik eingebettet, dass es für Lernende ziemlich komplex sein kann. Die Wahl einer der drei Höflichkeitsstufen im Gespräch beeinflusst die Höflichkeitsform von Wörtern (Wortendungen, die Respekt ausdrücken), Namen und Titel, Pronomen und sogar Endungen von Verben!
Zulu
Zulu (Artikel auf Englisch), was du übrigens auch auf Duolingo lernen kannst, wird von etwa 12 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen, hauptsächlich in Südafrika. Es gehört zur Bantu-Sprachfamilie, die wiederum Teil der noch größeren Niger-Congo-Gruppe ist. Andere Sprachen der Bantu-Familie sind Xhosa, Swahili, Shona und Setswana.
Was Zulu so schwer zu lernen macht
Das Lautsystem. Die Laute des Zulu stellen aus zwei Gründen eine Herausforderung für Lernende dar: Klicklaute (Artikel auf Englisch) und Tonhöhen. Im Gegensatz zu einigen anderen Lauten, die du in einer neuen Sprache antreffen wirst, sind Klicklaute ziemlich einfach zu hören, doch sie sind für Lernende schwer zu produzieren, besonders eingebettet in Wörtern! Zulu hat auch ein Tonsystem, und obwohl es dir vermutlich weniger Probleme bereitet als die Töne im Mandarin-Chinesisch, ist es für Sprecher nicht-tonaler Sprachen (wie Deutsch) nicht einfach, die Tonhöhenänderungen zu erkennen, die den einzigen Unterschied zwischen einem Wort und einem anderen darstellen können. (Ganz zu schweigen davon, diese Tonhöhenänderungen selbst zu produzieren!) Zum Beispiel bedeutet uyacula sowohl „du singst“ als auch „sie/er singt“ und auch wenn die schriftliche Form für beide gleich ist, wird es, je nach Bedeutung, mit einem anderen Ton ausgesprochen. Ein niedrigerer Ton auf dem u- bedeutet „du“, während eine höhere Tonlage „sie/er“ ausdrückt.
Die Substantivklassen. Wenn du dachtest, dass es schon schwer ist, dir im Spanischen oder Französischen zu merken, welche Substantive weiblich sind und welche männlich, dann hast du dich noch nicht mit Zulu beschäftigt: Hier gibt es 15 (oder bis zu 19!) verschiedene Substantivklassen (Artikel auf Englisch). Zu welcher Klasse ein Substantiv gehört, bestimmt die Form anderer Wörter im Satz, wie Verben, Adjektive, Pronomen usw. Daher ist es für eine klare Kommunikation wichtig, diese Formen korrekt zu lernen. Einige Kategorien haben grammatische Funktionen (das sind die einfachen 🫣), während andere Klassen auf der Bedeutung des Wortes basieren und schwerer vorherzusagen sein können. Zu Beginn müssen Lernende jedes Substantiv zusammen mit seiner Substantivklasse auswendig lernen!
!Xóõ (Taa)
!Xóõ (Taa) ist eine weitere afrikanische Sprache, wobei das Ausrufezeichen am Anfang des Wortes einen Klicklaut darstellt. Anders als Zulu gehört !Xóõ zum Tuu-Zweig einer völlig anderen Sprachfamilie, den Khoisan-Sprachen. Es wird in Botswana und Namibia gesprochen und gilt mit nur rund 3.000 Sprechern als bedrohte Sprache.
Was !Xóõ so schwer zu lernen macht
!Xóõ hat für Lernende, die eine ganz besondere Herausforderung suchen, eine Menge zu bieten: Substantivklassen, ein Tonhöhensystem und Agglutinierung (Artikel auf Englisch), also das „Aneinanderkleben” mehrerer Wörter oder Wortbestandteile, wodurch in nur einem Wort mehrere Bedeutungskategorien untergebracht werden. Doch es gibt noch etwas, wofür !Xóõ sehr bekannt ist:
Die Anzahl der Laute. Sprachen variieren in der Anzahl an Lauten (Artikel auf Englisch), die sie verwenden, doch !Xóõ besitzt sehr wahrscheinlich die größte Anzahl an Lauten. Es gibt (mindestens) vier „Grund“-Klicklaute, die in verschiedenen Varianten auftreten können (z. B. nasalierte und aspirierte Versionen [beide Artikel auf Englisch]), sodass Dutzende von Klicklauten entstehen. Die anderen Konsonanten, die keine Klicklaute sind, können ebenfalls mit verschiedenen Merkmalen kombiniert werden – und das ganz zu schweigen von den Vokalen. Die genaue Anzahl der Einzellaute ist umstritten, aber sie liegt ungefähr zwischen 100 und 170, davon bis zu 80 Klicklaute (!). Zum Vergleich: Deutsch hat etwa 40 Einzellaute, Englisch 44, Französisch 36 und Spanisch 24!
Arabisch
Das Arabische ist eine semitische Sprache (Artikel auf Englisch), welche Teil einer größeren afroasiatischen Familie ist. Arabisch wird von mehr als 310 Millionen Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika sowie von arabischen Migranten in anderen Ländern auf der ganzen Welt gesprochen.
Was Arabisch so schwer zu lernen macht
Das Schriftsystem. Wenn du auf Arabisch lesen und schreiben willst, musst du ein völlig neues Alphabet lernen:
- Es wird von rechts nach links geschrieben.
- Die Form der Buchstaben ändert sich (mehr oder weniger 😅) je nach Position im Wort. Zum Beispiel wird der Buchstabe ج (jiim) in meinem arabischen Dialekt wie „dsch“ ausgesprochen. Doch ج sieht nur so aus, wenn es isoliert steht, während es am Wortanfang (rechts) wie جـ geschrieben wird (z. B. in جار – „Nachbar“), in der Mitte wie ـجـ (wie in حجر– „Stein“) und am Ende (links) wie ـج (wie in ثلج – „Schnee“). Ziemlich verrückt, oder?
- Nicht alle Vokale werden ausgeschrieben, was bedeutet, dass du viele Wörter kennen musst, bevor du sie beim Lesen wiedererkennst und wissen kannst, wie man sie ausspricht. Stell dir zum Beispiel vor, du liest WND im Deutschen und weißt, dass dies Wand, Wände, Wende, Wind oder Wunde bedeuten könnte. Der Kontext hilft dir herauszufinden, welche Bedeutung WND annimmt und wie es ausgesprochen wird, und das Wurzel- und Mustersystem (Artikel auf Englisch) des Arabischen ermöglicht es Sprechern, einige Wörter und Aussprachen auch ohne Kontext genau vorherzusagen!
Die Laute. Das Arabische besitzt viele Laute, die im Deutschen nicht existieren (Artikel auf Englisch). Es hat beispielsweise zwei verschiedene „h“-Laute: ein weicheres „h“ wie in „Haus“ und ein „tieferes bzw. schärferes“, für das es im Deutschen keine Entsprechung gibt, wie z. B. der Anfangsbuchstabe im Wort حبيبي (Habibiibii), „meine Liebe“. Um diesen Laut zu erzeugen, stell dich nah vor einen Spiegel oder ein Fenster, öffne deinen Mund weit und versuche, das Fenster bzw. den Spiegel anzuhauchen, damit sie beschlagen, aber mit einer Reibung tief im Hals. Ist dir das gelungen? Glückwunsch, du hast gerade das erste der beiden arabischen „h“ ausgesprochen! (Jetzt kannst du dich an all den anderen neuen Lauten versuchen. 😅)
Die vielen arabischen Dialekte. Es gibt nicht nur ein Arabisch – und um in den arabischsprachigen Ländern voll am Leben teilzunehmen, solltest du mindestens zwei Varianten kennen: den gesprochenen lokalen Dialekt (Artikel auf Englisch), den du im Alltag, in informellen Gesprächen, in den lokalen Medien usw. hörst, und das moderne Hocharabisch (Modern Standard Arabic, MSA), das in den Nachrichten, der Literatur, offiziellen Dokumenten sowie in weiten Teilen des religiösen und nicht-religiösen Bildungssystems verwendet wird. Daneben gibt es auch das Koranarabisch – die Sprache des Korans. Aufgrund der zentralen Bedeutung des Korans in den arabischen Kulturen sind die darin enthaltenen Wörter (und die Grammatik!) vor dem Verschwinden bewahrt worden, selbst während sich die anderen Varianten des Arabischen im Laufe der Zeit verändert haben. Wenn du Arabisch lernst, musst du nicht alle Wörter des lokalen Dialekts, des Hocharabischen und des Koran kennen, um Freundschaften zu schließen und das zu verstehen, was du in einem arabischsprachigen Land hörst. Wenn du jedoch tiefer eintauchen möchtest, sei darauf vorbereitet, viele, sehr viele (!) neue Wörter zu entdecken!
Georgisch
Georgisch, eine Sprache aus der kartwelischen Sprachfamilie, wird von etwa 4 Millionen Menschen gesprochen, hauptsächlich in Georgien, einem Land im Kaukasus, das an die Türkei, Armenien, Aserbaidschan und Russland grenzt.
Was Georgisch so schwer zu lernen macht
Die Laute. Jedes Mal, wenn du eine neue Sprache lernst, wirst du auch auf neue Laute stoßen. Das Georgische hat allerdings eine ganze Kategorie an Lauten, die wahrscheinlich neu für dich sind. Diese Laute nennt man Ejektive und sie erzeugen ein starkes „Plopp“-Geräusch in deiner Kehle, während du gleichzeitig „p“, „t“, „k“ und andere Laute aussprichst. Ähnlich wie Klicklaute sind sie meist leicht zu hören, aber schwieriger zu produzieren – du wirst also viel üben müssen!
Das Kasussystem. Der komplizierteste Teil der georgischen Grammatik ist wahrscheinlich das Kasussystem. Als deutscher Muttersprachler bist du es gewohnt, die vier Fälle Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ zu verwenden. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Sprachen wie dem Deutschen und dem georgischen Kasussystem: Es ist ein hybrides Kasussystem. 👀
Im Deutschen, Russischen und Griechischen – und sogar im Englischen, welches vor langer Zeit die meisten seiner Fälle verlor – ist das, was als Subjekt zählt, bei verschiedenen Arten von Verben dasselbe, unabhängig davon, ob das Verb auch ein Objekt hat oder nicht:
- Ohne Objekt: Der Hund rennt schnell.
- Mit Objekt: Der Hund frisst Fleisch.
Aber Sprachen können ihre Kasus noch auf eine ganz andere Art und Weise organisieren – nämlich so, dass die Subjekte von Verben ohne Objekt eine andere Form haben als die Subjekte von Verben mit Objekt. In diesen Sprachen steht das Subjekt der Verben ohne Objekt im selben Kasus wie das direkte Objekt der Verben mit Objekt! 🤯
Aber keine Sorge, Georgisch funktioniert nicht so. Stattdessen kombiniert es beide Systeme! Wenn du also als Deutschsprachiger Georgisch lernst, bedeutet das, dass du nicht nur ein, sondern gleich zwei Kasussysteme lernst und dann herausfinden musst, wann welches verwendet wird. Das ist mal ein echtes Gehirntraining! 🧠
Lass dich von „schwierigen“ Sprachen nicht abschrecken 💪
Ob du dich für eine „leichte“ oder „schwere“ Sprache entscheidest – beim Sprachenlernen erwartet dich immer eine faszinierende Reise voller sprachlicher und kultureller Entdeckungen! Keine Sprache ist unmöglich zu lernen und keine Sprache ist wertvoller, nur weil eine bestimmte Gruppe sie schwieriger findet. Sprachen repräsentieren Menschen, mit ihrer Geschichte, ihrer Weisheit, ihren Überzeugungen und all dem, was sie menschlich macht. 💚
Wenn du mehr darüber über das Thema Sprachen und Sprachenlernen erfahren möchtest, schreib uns eine E-Mail an dearduolingo@duolingo.com!